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Urs im Wald

Zwischenbilanz

Am 4. April 2016 bin ich in Frankreich angekommen mit dem Ziel, die beiden Häuser bewohnbar zu machen und den Wald zu erschliessen. Ohne Zeitplan. Mit bloss rudimentärem Budget. Mit vielen Ideen und Plänen. Und mit nur vagen Vorstellungen.

Nun, nach diesen beiden Jahren kann ich sagen, dass in der Zwischenbilanz die Tatsache am schwersten negativ ins Gewicht fällt, dass ich noch immer nicht in einem der Häuser wohnen kann. Das Leben auf den 10m2 der Zwischenlösung ist zwar nicht beschwerlich. Aber es ist schon frustrierend zuzusehen, wie langsam sich das Projekt entwickelt. Es ist nicht so, dass etwa „nichts vorwärts geht“. So steht im Wald und im Garten alles bereit. Für Wasser, Abwasser und Strom sind alle Anschlüsse gemacht. Aber auf dem „kritischen Pfad“ des Projekts mit dem Ziel zu wohnen, wird gebummelt oder gestreikt. Es ist nun der Moment, auf ein, zwei Unternehmer den Druck massiv zu erhöhen. Da muss ich mich selbst an der Nase nehmen. Ich habe zwar damit gerechnet, dass man mañana auch ins französische übersetzen kann. Aber alles hat seine Grenzen.

Ich bin heute an Ostern wieder mal in die Hochebene hoch gestiegen, wo in mühsamster Handarbeit über sicher mehr als eine Generation hinweg die Felder von den Steinen befreit und gleichzeitig massive Einfriedungen erstellt wurden. Die ältesten Nussbäume an den Feldrändern haben einen so respektablen Umfang, dass sie sicher über mehr als zweihundert Jahre Geschichte erzählen könnten. Das stützt den Gedanken, dass Zeit eine relative Dimension hat. Was sind schon zwei Jahre. Hauptsache, es war spannend und anregend. Immerhin nimmt mich die französische Administration langsam zur Kenntnis. Es besteht die grosse Chance, dass ich in Frankreich Steuern bezahlen darf. Auch das steht in der Zwischenbilanz auf der Erfolgsseite. Ich bleibe dran.

Eine wichtige Phase abgeschlossen

Mit diesem Graben sind alle Tiefbauarbeiten abgeschlossen. Die Rohrleitung führt den Überlauf des Regenwasserbeckens in den Bach. Die 17m3 Inhalt des Betonbeckens sollten mir reichen, den Gemüsegarten und die Kläranlage in einer Trockenperiode über mehrere Wochen zu retten, ohne den Bach anzuzapfen zu müssen.

Ich kann mir vorstellen, dass in Zukunft die Wasserversorgung der Gemeinde nicht mehr ausreichen wird, zu gewissen Zeiten alle Bedürfnisse der Bewohner zu decken. Denn wenn dann mal die Einwohnerschaft von zwei Personen mit festem Wohnsitz (mit mir inklusive) in Ferienzeiten auf 40 ansteigen sollte, könnte es knapp werden. Es wäre dann unfair von mir, die Kartoffeln zu wässern, derweil die anderen gezwungen sind, auf die Dusche zu verzichten. In einer Nachbargemeinde muss heute schon oft das Wasser mit Lastwagen aus Grundwasserquellen des Tales hochgefahren werden. Dort sind aber zu viele saufende Kühe der Grund für die Wasserknappheit. Ein Grund, Vegetarier zu werden? Ich habe gehört, dass auch in Almeria für den dortigen Gemüseanbau das knappe Wasser aus dem Tejo mit Wasser aus Meerentsalzungsanlagen ergänzt werden muss. Wie wohl die Biobauern diese beiden Wässerchen unterscheiden und trennen können? Da habe ich es jetzt doch einiges leichter, die Biorichtlinien einzuhalten.

Über die Gleichheit (II/III)

1 + 1 = 2. Diese Gleichung steht ausser Zweifel. Allerdings, und damit mache ich eine entscheidende Differenzierung, bezieht sich die Gleichheit auf den Wert der auf beiden Seiten des Gleichheitszeichens stehenden Zahlenwerte. Abgesehen vom Wert kann man auf den beiden Seiten des Gleichheitszeichens aber auch eine visuell unterschiedliche Darstellung sehen. Und dann ist das Bild [1 + 1] nicht das selbe wie das Bild [2]. Und auch eine Addition ist nicht dasselbe wie eine ganze Zahl. Schliesslich möchte ich unterschieden haben, ob ich zwei kleine Kartoffeln fürs Raclette haben will oder eine grosse Kartoffel für den baked potato.

Somit muss immer hinterfragt werden können, worauf sich Geschlechtergleichheit bezieht. Wenn man sich dieser Differenzierung verweigert, so landet man unweigerlich bei der Frage, ob man als Kind beim Döckterlen wirklich eine echte Erkenntnis gewann oder man nicht doch einer fatalen Täuschung aufgesessen war. Da ich ohne Schwester aufgewachsen bin, hat sich dieser Erkenntnisgewinnung zwar unter etwas anderen Bedingungen ergeben. Aber das ist dann eine andere Geschichte.

Der Bruder der Gleichheit ist dann der Vergleich. Es würgt mir immer die Luft ab, wenn jemand einwendet, dass man etwas mit dem andern nicht vergleichen könne. Um es kurz zu machen: alles lässt sich mit allem vergleichen. Denn ein Vergleich ist der Untersuch, was an zwei „Dingen“ gleich und was nicht gleich, also unterschiedlich, ist. Da der Untersuch in der alltäglichen Kommunikation allerdings meist nicht stattfinden kann, weil dem Vergleich sofort seine Berechtigung abgesprochen wird, so droht jeder Vergleich zur Fallgrube zu werden. Das kommt nicht von ungefähr. Vor allem Vergleiche, bei denen das Ungleiche scheinbar überwiegt, werden zu einer riskanten Sache.

So ist der Blicktitel „Grüner Nationalrat vergleicht Juden mit Schweinen“ nur der Anfang vom Ende des Jonas Fricker als Nationalrat. Er wollte die Massentierhaltung und die industrielle Verwertung von Schweinen in einer Ratsdebatte mit einem Vergleich anprangern. Das Bild von angelieferten Schweinen vor dem Schlachthof erinnere ihn unweigerlich an die deportierten Juden auf den Rampen von Auschwitz. Trotz Entschuldigung wurde sein Rücktritt vom Nationalratsamt unter dem öffentlichen Druck unvermeidlich. Aber wahrscheinlich wird dieser Vergleich noch lange an seiner Person kleben bleiben.

Ob nun der ganze Vergleich an sich für ihn schädlich war oder nur seine saloppe Zusatzbemerkung, dass die Juden im Gegensatz zu den Schweinen zumindest eine Chance hatten zu entkommen, weiss ich nicht. Aber sicher ist, dass in der folgenden politischen Auseinandersetzung Gleichheit und Vergleich immer wieder unsäglich vermischt und verwechselt wurden. Auch wenn bei ihm als grün-linker Politiker keine rassistische Motivation angenommen werden kann: Die Exponenten der öffentlichen Diskussionskultur machten auf denkfaul und zogen das Register von grün gleich braun.

Wenn man Menschen mit Tieren vergleicht, dann müsste man jedesmal Zeit und Raum haben, den Untersuch von Gleichheit und Unterschiedlichkeit minutiös zu führen. Zuviel haben wir mit manchen Tieren gleich und nur ganz weniges unterscheidet uns. Die Unterscheidungen werden dann aber äusserst stark gewichtet. So muss ich mir gefallen lassen, dass ich 97% der Genetik mit einem der grossen Affen teile. Wenn ich aber den Gesichtseindruck eines Gorillas mit dem von Breel Embolo vergleiche, dann bin ich in der Bredouille. Zu schwierig wird der Untersuch an sich. Zu schwierig wird es, wichtig von unwichtig zu trennen. Zu schnell wird mir unterschoben, Breel Embolo mit einem Gorilla gleichzusetzen, ihn zu erniedrigen. Ich bin und bleibe in der Rassismusfalle sitzen. Der Versuch, einem Sachverhalt näher zu kommen, ist damit vorweg gescheitert.

Ich kann natürlich nicht verkennen, dass es Menschen gibt, die den Vergleich auch missbrauchen. Dann wird er zum Mittel der Erniedrigung. Der Jude wird zum Schwein. Der Schwarze zum Affen. Ich kann mir aber vorstellen, dass ein jedesmal konsequent geführter Diskurs, wie der Vergleich im Detail denn aussehe, diesen Missbrauch verhindern könnte. Denn der missbräuchlich gezogene Vergleich fiele wie eine aufgedeckte Lüge auf den zurück, der sich des unfairen Mittels bedient.

Aber um Vergleiche kommen wir nicht herum, wollen wir die Gleichstellung von Mann und Frau in der Gesellschaft erreichen. Denn wenn die offensichtlichen Unterschiede von Mann und Frau nicht erkannt und akzeptiert werden, dann kann auch nicht klar sein, wo Gleichheit herrschen soll. Für mich ist das einfach nur logisch.

Es gibt allerdings schon die Möglichkeit, sich diesem Unterscheidunguntersuch ganz einfach zu verweigern. Dann gibt es keine Menschenrassen mehr, auch keine Unterarten oder sonst welche Klassifizierungen. Alle sind einfach Menschen mit individuellen Unterschieden. Und da es sicher Menschen gibt, die im Gegensatz zu einigen Tieren nicht auf fünf zählen können, wäre auch die Unterscheidung zwischen Mensch und Tier hinfällig. Wir sind ja alle fühlende Wesen. Auch männlich und weiblich lösen sich auf. Mit ein paar Korrekturen wechselt Mann und Frau ja leicht die Seite. Oder man definiert sich einfach als „neutral“. Und erhebt dann Anspruch darauf, ernst genommen zu werden. Die modernen Humanwissenschaften liefern dazu dann die Erklärungen.

Nachdem ich jeweils die einschlägigen Debatten, Berichte und Abhandlungen in den News und Reportagen verfolgt habe, überkommt mich immer wieder die Lust, mich mit Realitäten zu beschäftigen. Dann heisst es: ab in den Wald.

Kaum fertig und schon beginnen die Reparaturen

Kurz nachdem die ganze Piste im Wald fertiggestellt war, hat Anfang Januar ein heftiges Gewitter die ganze Arbeit auf die Probe gestellt. Auf einer Länge von 250 Meter haben kleine Wasserläufe von der Piste Besitz ergriffen und neue Tatsachen geschaffen. Jetzt, solange die Erde noch feucht ist, muss ich alle Veränderungen mit Pickel und Schaufel wieder reparieren. Gleichzeitig versuche ich dabei, neuem Regenwasser einen Lauf aufzuzwingen, der weniger Schäden anrichtet. In trockenen Perioden wird dann die Oberfläche dank dem grossen Lehmanteil pickelhart und gut befahrbar sein. Aber mit dem nächsten Starkregen beginnt dann die Arbeit wieder von vorn. Hoffentlich teile ich nicht das Schicksal von Sisyphus.

Pfützenglück

Mit ein paar wenigen Eingriffen in die Topografie der Wiese ist der vom Hochwasser Anfangs Januar überflutete Teil in ein Pfützenparadies verwandelt. Hier in der Nähe an einem Bachlauf versuche ich, eine unterschiedliche Vegetation zu den trockenen Standorten am Hang zu erhalten. Mal schauen, was daraus wird.